Snälltåget: Im Nachtzug von Berlin nach Stockholm
Der private Snälltåget ist einer von zwei Nachtzügen zwischen Berlin, Hamburg und Stockholm. Was dich auf der Fahrt im Liegewagen nach Schweden erwartet.
Gedränge an Gleis 14. Die Bahnsteige des Berliner Hauptbahnhofs sind mal wieder viel zu schmal und kurz für die Massen an diesem Sonntagabend. Auch auf der Schiene herrscht Stau: Unser Nachtzug nach Stockholm ist mit Verspätung angekündigt, ein paar Regionalzüge dürfen vorher durch. Automatische Ansagen überschlagen sich, die Anzeigetafel wechselt zwischen „Stockholm“ und „Malmö“ hin und her. Dann endlich rauscht er ein, der Snälltåget mit seinen weißen Wagen.

Keine zehn Minuten später sitze ich im Liegewagenabteil und unterhalte mich auf Schwedisch. Wir haben uns zu viert auf eine der untere Pritschen gequetscht. Nicht gerade bequem, dafür skandinavisch ungezwungen. Meine Mitreisenden erzählen von ihren Trips durch Europa. Für sie ist die Fahrt mit dem Nachtzug zurück nach Schweden die letzte Etappe, für mich geht es noch weiter mit der Fähre nach Finnland.
Ein netter Zug
Der Name Snälltåget ist ein Wortspiel. Es klingt wie Schnellzug, aber eigentlich bedeutet snäll nett, freundlich. Snälltåget ist einer von zwei Nachtzügen zwischen Berlin und Stockholm, der andere ist der EuroNight der schwedischen Bahn SJ. Beide fahren über Hamburg und Kopenhagen nach Malmö und von dort weiter in die schwedische Hauptstadt.
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Die Unterschiede liegen im Komfort. Während es bei der SJ auch bequeme Schlafwagen gibt, setzt man bei Snälltåget auf ein einfacheres Angebot mit Sitz- und Liegewagen. Im Liegewagen teilt man sich ein Abteil zu sechst. Wer lieber unter sich bleiben möchte, kann ein Privatabteil buchen, das ist allerdings erheblich teurer.

Auch der Zugbegleiter nimmt es gelassen. Er nennt unsere Vornamen, hakt uns auf seiner Liste ab und erklärt kurz, was uns erwartet. Gegen drei Uhr sind wir an der dänischen Grenze, wo die Lok gewechselt wird. Sollten Passkontrollen anstehen, will er uns rechtzeitig wecken. Am Morgen gibt es in Malmö eine längere Standzeit, während der wir uns die Beine vertreten können.
Es dauert, bis wir alle unsere Betten bezogen haben. Unser Abteil ist schon ab Berlin voll belegt, es ist einfach viel zu eng. Schließlich finden wir eine Methode: Während je zwei mit Bettlaken und Bezügen ringen, gehen die anderen kurz raus in den Gang.
Behutsam modernisiert
Die Liegewagen stammen aus Altbeständen der Deutschen Bahn, wurden aber unlängst noch einmal aufgefrischt. Neu sind zusätzliche Matratzen, die auf die eigentlichen Liegen aufgelegt werden, hochwertige Bettwäsche und USB-Steckdosen am Fenster.

Auch das sanitäre Angebot überzeugt: An beiden Wagenenden gibt es eine Toilette und einen kleinen Waschraum, diese sind sauber, ebenfalls modernisiert und mit Naturmotiven verziert. In jedem Wagen ist außerdem ein kleiner Abteilverkauf vorgesehen, der Lönnkrog. In der Praxis ist aber nur einer davon besetzt, unser Zug fährt ab Berlin mit einem einzigen Zugbegleiter.

Inzwischen ist es nach zehn, wir rollen durch die norddeutsche Nacht. Während die einen schon schlafen, lesen die anderen noch ein Buch oder am Handy. Im Abteil ist es ziemlich warm. Die Temperatursteuerung scheint keinen Effekt zu haben und das Fenster ist verriegelt.

Da Snälltåget eine langsame Trasse nutzt, erreichen wir Hamburg erst kurz vor Mitternacht. Davon bekomme ich kaum noch etwas mit. In Padborg wache ich einmal kurz auf, aber die Grenzkontrolle scheint heute auszufallen.
Bei der Buchung habe ich eine obere Liege zugeteilt bekommen. Das fühlt sich einen Tick privater an, es gibt mehr Stauraum fürs Gepäck – und man hat deutlich weniger Füße im Gesicht. Allerdings ist die Liegefläche kürzer, mit meinen 1,83 Metern kann ich nur leicht gekrümmt schlafen.
Guten Morgen Schweden
Um halb sieben klingelt mein Wecker, die Fahrt über die Öresundbrücke will ich nicht verpassen. Ein kleines Ritual, hier beginnt für mich Skandinavien. Was ich nicht bedacht habe: Mitte Oktober ist es noch stockdunkel. Die minutenlange Fahrt über das Meer ist trotzdem eindrücklich. Ich schleiche mich aus dem Abteil. Weil unser Wagen der letzte ist, kann ich vom hinteren Wagenübergang auf die freie Strecke blicken. Immer wieder blitzen Lichter auf, von den Signalen und den Schiffen um uns herum.

In Malmö haben wir eineinhalb Stunden Aufenthalt, dabei wird der Zug in zwei Hälften geteilt. Ein Teil verbleibt in Malmö, der andere mit unserem Liegewagen wird an einen Tageszug von Snälltåget gekoppelt, der weiter nach Stockholm fährt.

Ich steige aus und sehe zu, wie unsere Wagen von einem Gleis zum anderen rangiert werden. Es ist ein toller Herbstmorgen, bald fallen die ersten Sonnenstrahlen in die Bahnhofshalle. Während die meisten noch in ihren Liegen schlummern und von all dem nichts mitbekommen, besorge ich mir am Bahnhofskiosk den ersten Kaffee.

Frühstück am Tisch
Zurück im Zug wartet ein besonderes Highlight: der urige Speisewagen Krogen, der in Malmö ebenfalls angekuppelt wurde. Ich habe das Frühstück bereits bei der Buchung reserviert und eine Zeit kurz nach Abfahrt zugeteilt bekommen. Bei Snälltåget versucht man dem Andrang über ein Reservierungssystem mit Zeitfenstern von einer Stunde beizukommen.

Ich nehme mir an der Theke einen Kaffee, wenig später kommt das Frühstück: ein Brötchen mit Käse, Apfelsaft, eine Zimtschnecke. Nicht üppig, aber zweckmäßig – und vor allem an einem richtigen Tisch. Hier isst es sich deutlich besser als halb liegend im Abteil. Schade, dass Speisewagen in Nachtzügen inzwischen eine Seltenheit sind.

Während wir durch das morgendliche Skåne rollen, füllt sich der Krogen rasch. Ich mache Platz und gehe zurück in den Liegewagen. Inzwischen sind auch meine Abteilgenossen wach. Da am Wagenende ein Abteil freigeworden ist, schnappe ich mir meine Sachen und ziehe dorthin um. So kann ich den Rest der Fahrt gemütlich sitzen und auch einmal am Gang das Fenster öffnen und die Nase in den Wind halten.


Kleine Gehöfte fliegen vorbei, Seen, Herbstfarben. Das ist wirklich schön, zieht sich aber auch etwas. Mit jedem Halt sammeln wir zudem ein paar Minuten Verspätung ein. Es ist bereits kurz nach zwei Uhr nachmittags, als wir schließlich in den Hauptbahnhof von Stockholm einrollen.

Als ich auf dem Bahnsteig stehe, muss ich mich kurz sortieren. Siebzehneinhalb Stunden auf Schienen sind dann doch nicht ganz ohne. Bald aber siegt die Neugier, und ich mache mich auf einen Spaziergang durch die Altstadt nach Södermalm, ehe ich am Abend auf die Fähre nach Turku steige.
Snälltåget: Mein Fazit
Eine Reise im Nachtzug von Snälltåget ist eher Klassenfahrt als rollendes Hotel. Das ist kein Nachteil, solange man sich darauf einlässt – und der Preis stimmt. Für den Platz im Liegewagen habe ich umgerechnet 54 Euro als Aufpreis zu einem Interrail-Pass bezahlt, was ich als gerade noch fair empfinde. Reguläre Tickets starten bei etwa 90 Euro.

Gut gefallen hat mir die Ausstattung der Liegewagen. Man merkt, dass hier versucht wurde, aus den älteren Fahrzeugen das Beste herauszuholen. Und mit dem Speisewagen Krogen kommt auf dem schwedischen Abschnitt sogar noch richtiges Reiseflair auf.
Weniger nachvollziehbar ist für mich, warum Snälltåget auf Sechserabteilen beharrt und nicht zumindest als Option auch eine Vierer-Belegung anbietet. Etwas mehr Differenzierung könnte das Angebot attraktiver machen. Nicht ganz ideal ist auch der Fahrplan: Durch die späte Ankunft in Stockholm geht ein halber Tag am Ziel verloren – und damit ein Stück weit auch der Vorteil eines Nachtzuges.
Zum Autor: Sebastian Wilken ist leidenschaftlicher (Nacht)Zug-Fahrer und schreibt in seiner Zugpost über Zugreisen in Europa. Er beobachtet für Night Ride den Nachtzug-Markt und versorgt euch mit den besten Tipps und Tricks für die schönsten Strecken – inklusive toller Bilder, die er allesamt selber schiesst.
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