Schlafwagen ausgefallen – was tun?

Immer mal wieder kommt es zu einem Ausfall des Schlaf- oder sogar Liegewagens. Was Ihr in solchen Situationen tun müsst, um zu Eurem Recht zu kommen.

Schlafwagen ausgefallen – was tun?
Schlafwagen ausgefallen - was tun?

Hinweis: Dieser Blogeintrag wurde von night-ride.ch, der Vorgängerwebsite von nightride.com, übernommen.

Update Oktober 2024: Die ÖBB verschicken nun tatsächlich im Voraus eine Mail, wenn ein Downgrade oder ein Ausfall droht. Siehe Abschnitt Am Tag der Reise.

Update Juli 2024: Jemand, der bei den SBB arbeitet, hat mir ein paar Einblicke zu Buchungen und Erstattungen am Schalter gegeben. Ich habe die entsprechenden Stellen in Kursiv ergänzt.

Auf meiner Lieblingsstrecke Basel <> Amsterdam (betrieben von den SBB in Kooperation mit den ÖBB) kommt es immer mal wieder vor: Der Schlafwagen fällt aus und wird durch einen Liegewagen ersetzt. Oder noch schlimmer: Der Liegewagen ist auch nicht verfügbar und man muss die Nacht sitzend verbringen. Das Problem ist anscheinend so omnipräsent (was meine Erfahrung bestätigt – und seit Juni auch eine exklusive Datenauswertung), dass die SBB seit Fahrplanwechsel 2023 spezielle Flyer zu den «Downgrades» verteilen.

Besagter Flyer – aufgenommen aus einem Liegewagen
Besagter Flyer – aufgenommen aus einem Liegewagen

Die Instruktionen darauf sind aus meiner Sicht wenig hilfreich, insbesondere wenn Ihr das Ticket woanders als bei den SBB gekauft habt. Hier meine Anleitung für eine stressfreie Reise und eine zügige Refundierung bei einer Buchung bei SBB oder ÖBB.

Bei der Buchung

Bucht die Tickets online und lasst Euch ein digitales Ticket ausstellen. Wenn Ihr via Eurem Swisspass-Account bei den SBB bucht, landet das Ticket direkt auf Eurer SBB-App.

ÖBB-Buchungen macht Ihr am besten direkt in der ÖBB-App. Wegen dem Umrechnungskurs und der einfacheren Rückerstattung bei Problemen (siehe unten) fährt Ihr hier aktuell sowieso besser.

Eine Buchung am Schalter verkompliziert aus meiner Sicht alles (ausser Ihr habt spezielle Wünsche wie Fahrradmitnahme usw., dann kommt Ihr wohl nicht darum herum – dies ist nicht mehr aktuell, Spezialwünsche können «offline» offenbar nicht besser behandelt werden als direkt online bei den ÖBB). Fazit, auch in Zusammenhang mit Rückerstattungen: Bucht am besten ausschliesslich direkt bei den ÖBB im Ticketshop oder auf nightjet.com.

Falls du trotzdem noch gerne Nachtzug fährst: Finde die passende Verbindung

Am Tag der Reise

Kontrolliert Eure Apps frühzeitig auf Hinweise zu Ausfällen. Leider funktioniert die Benachrichtigung via Mail oder SMS nicht wirklich oder nicht konsistent, das zumindest meine Erfahrung (stattdessen erhält man Wochen im Voraus unzählige SMS über Gleisänderungen – mit Verlaub, es ist richtiggehend kafkaesk). Es lohnt sich deswegen, beide Apps zu installieren und im Auge zu behalten. Manchmal hat die eine App eine Info, die die andere nicht hat. Der Datenaustausch zwischen den Bahnbetreibern ist auch im Jahr 2024 noch ein Trauerspiel.

Hierzu habe ich im Oktober 2024 eine neue Beobachtung gemacht. Ich hatte einen Schlafwagen Double gebucht. Zwei Tage im Voraus dann die Nachricht per Mail:

Wegen einer technischen Störung muss für diesen Zug anstatt des Schlafwagens mit der Wagennummer 182 ein Liegewagen eingesetzt werden. Betroffene Fahrgäste mit einer Reservierung wenden sich bitte an das Zugteam[...]

Anscheinend klappt die Benachrichtigung vorab nun endlich (falls man bei den ÖBB direkt bucht). Das ist doch schon einmal was. Zwei Fragen bleiben aber:

  • Wieso kann eine «technische Störung» nicht innerhalb 48 Stunden behoben werden? Vielleicht wäre eine andere Formulierung etwas ehrlicher. Vorschlag: «Wegen Mangel an betriebsbereiten Wagen»
  • Was, wenn die Störung tatsächlich eine ist und dementsprechend kurzfristig auftritt? Klappt es dann mit der Benachrichtigung auch?

Und deswegen lasse ich die Empfehlungen oben mal noch so stehen.

Vor der Abfahrt

Ihr steht vor dem Zug und bemerkt: Da stimmt etwas nicht, mein Abteil fehlt. Keine Panik: Versucht zuerst, das mit der Situation in der Regel betraute und mittlerweile leider auch ziemlich abgelöschte Personal (wer kann es ihnen verübeln?) zu kontaktieren und eine Lösung zu finden. Manchmal gibt es noch freie Plätze in anderen Schlaf- oder Liegewagen.

Wenn die Downgrade-Situation für Euch nicht passt, könnt Ihr jederzeit von der Reise zurücktreten und später das Geld für die Hin- sowie Rückreise zu 100 Prozent zurückerstattet bekommen. Ich würde in so einem Fall auch versuchen, allfällige Ausgaben für die An- und Rückreise zum Startbahnhof (bspw. Bern > Basel oder Bern > Zürich) zurück zu erhalten (Erfolgsgarantie ungewiss, ich habe bisher jede Reise angetreten).

Während der Fahrt

Ihr habt Euch entschlossen, in den sauren Apfel zu beissen und die Nacht auf harten Pritschen statt im Duvet oder im schlimmsten Fall im Sitzen zu verbingen. In diesem Fall müsst Ihr Euch – bei einem digitalen Ticket zumindest – die Probleme nicht vom Personal bestätigen lassen. Sie sind im System und auf gewissen Strecken so allgegenwärtig, dass es später keine grosse Überzeugungsarbeit brauchen wird.

Nach der Fahrt

Bei einem Downgrade habt Ihr grundsätzlich Erstattungsansprüche. Wie hoch die sind, ist online leider schwierig herauszufinden. Bei mir wurde es bisher so gehandhabt:

  • Downgrade von Schlaf- zu Liegewagen: 50 Prozent Refundierung
  • Downgrade von Schlaf- zu Sitzwagen: 100 Prozent Refundierung

Per Fahrplanwechsel im Dezember 2023 haben die ÖBB jedoch eine Berechnungstabelle publiziert, die im Zusammenhang mit den höheren dynamischen Preisen alles andere als kundenfreundlich ist.

Gemäss dieser gäbe es bspw. bei einem Downgrade von einem Schlafwagen Standard Single (bei night-ride.ch unter 1er-Abteil Schlafwagen Economy aufgeführt) zu einem Liegewagen Privatabteil lediglich 30 Euro Refundierung. Das ist ziemlich wenig, wenn Ihr für so ein Abteil um die 500 Euro bezahlt.

Gleichzeitig ist mir überhaupt nicht klar, inwiefern diese Berechnungstabelle Anwendung bei internationalen Strecken findet, ist sie doch hier unter «Nationale Tarifbestimmungen» aufgeführt und ein Äquivalent für «internationale» Reisen gibt es nicht. 🤷

So kommt Ihr an Euer Geld:

  • Wenn Ihr das Ticket via SBB gebucht habt (ob digital oder am Schalter): Ihr kommt um einen erneuten Gang an den Schalter nicht herum. Dort wird dann zuerst abgeklärt, ob es wirklich ein Problem gab – in solchen Fällen kann eine Bestätigung des Personals den Prozess beschleunigen. Vorteil: Ihr kriegt das Geld unmittelbar auf Euer Bankkonto oder Eure Karte überwiesen. Nachteil: Die Prozedur dauert gemäss meiner Erfahrung mindestens eine halbe Stunde (inkl. Anstehen). Update Juli: Diese Info stimmt offenbar nicht mehr. Ihr müsst Euch bei der Hotline melden, denn der Antrag wird ohnehin an die ÖBB weitergeleitet. Was noch stärker für eine Buchung ausschliesslich bei den ÖBB spricht (siehe nächster Punkt).
  • Wenn Ihr das Ticket via ÖBB gebucht habt (digital): Ihr füllt dieses Formular unter der Angabe der betroffenen Ticketnummern aus. Ein Screenshot der Tickets hilft (wobei dies natürlich total redundant ist, gebt Ihr ja bereit die Ticketnummer an...). Dann wählt Ihr entwender aus, dass Ihr die Reise gar nicht angetreten habt («Ich habe meine Tickets nicht benutzt.») oder dass Eure Komfortklasse nicht verfügbar war («Bei meiner angetretenen Reise war meine gebuchte Reiseklasse nicht verfügbar.»). Bei letzterem müsst Ihr auswählen, von welchem Abteil zu welchem Ihr ge-downgrade-et wurdet. Wenn Ihr dem Nachtzug noch einmal eine Chance geben wollt, könnt Ihr Euch die Refundierung auch als Gutscheine auszahlen lassen, dann kriegt Ihr noch 10 Prozent mehr. Vorteil: Man muss nicht an einen Schalter. Nachteil: Weder erhält man Gewissheit darüber, wie lange die Bearbeitung dauern wird (ich habe alles erlebt zwischen wenigen Stunden und mehreren Wochen), noch kriegt man einen Fall zugewiesen, auf den man sich später beziehen kann. Tipp: Falls Ihr das Geld nach ein oder zwei Wochen immer noch nicht habt, füllt einfach das Formular noch einmal genau gleich aus. Mühsam, aber hilft meistens.
So sieht das Formular aus (wenn der Zug zu allem hinzu auch noch Verspätung hat, gibt's mehr Geld)
So sieht das Formular aus (wenn der Zug zu allem hinzu auch noch Verspätung hat, gibt's mehr Geld)

Meine Meinung:

Ich persönlich finde es wenig kundenfreundlich, dass man sich nach einem Downgrade selber um seinen Erstattungsanspruch kümmern muss und dieser Prozess dann noch so mühsam ist. Wieso kommen einem die Betreiber nicht entgegen und erstatten das Geld proaktiv? Wieso schaffen sie es nicht, rechtzeitig und zuverlässig über Downgrades oder Ausfälle zu informieren? Und wo bleibt die gut auffindbare, verständliche und transparente Information zu Erstattungsansprüchen? All dies kann die Fahrt im Nachtzug exrem frustrierend machen und besonders Leute, die es zum ersten Mal probieren, nachhaltig abschrecken.

Falls Ihr betroffen seid: Kopf nicht hängen lassen, gegenüber den Betreibern hartnäckig bleiben und dem Ganzen vielleicht doch noch eine zweite Chance geben. Denn wenn alles klappt, ist die Reise im Nachtzug ja eigentlich grossartig.

Falls Ihr Hinweise habt, wie die Refundierung in Euren Fällen abgelaufen ist: Schreibt mir gerne eine Mail. Allenfalls kann ich damit diesen Beitrag ergänzen.


Dieser Blog-Beitrag ist Teil unserer Reihe «FAQ Nachtzug». Hier findest du alle nützlichen Tipps und Tricks, die wir über viele Nachtzugreisen gesammelt haben. 

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